Um uns braut sich ein neuer Tag zusammen, ich reibe mir die letzten Tropfen vom Gesicht, die Katze schiebt sich neben mich, bis auf Weiteres wird nicht mehr geweint, sage ich ihr und sie schnurrt Bestätigung. Die ersten Streifen Morgen ziehen am Himmel auf, das Licht flankiert uns wie ein Versprechen und ich verwerfe gestern wie die schlechte Idee, die es war. Gestern, ein geologisches Geheimnis, und Erinnern: ein Wühlen, ein Graben nach Fußnoten, gemeißelten Fahrtenschreibern. Spuren, die vielleicht historisch und in jedem Fall sinnlos sind. Erinnern: eine morbide Unternehmung, ein schon in der ersten Note verpfuschter Gesang. Gestern ist nichts weiter als der Ort, an dem mindestens einer weint. Ich will nichts mehr im Schlepptau haben. Ich werde meine Muttersprache nicht mehr sprechen. Es ist egal, ob Blut dicker als Wasser ist - Blut bedeutet, dass man verletzt wurde. Die Katze drückt ihren Kopf gegen meine Beine, drückt mich zurück ins Zimmer, dem Ort für neue Chronologien. Das Atmen des Jungen neben mir: etwas wie Freude.


30.7.2011