Komm heim >>

Ze zurrealism itzelf


Tagvogelwort

An der ausgebrannten Tankstelle rankt sich stumm Efeu nach oben. Ich lese die Zukunft aus deinen fädrigen Augenbrauen: Die Vögel kehren nicht zurück. Nach dem Laubsturm liegen Adornos Trümmer mit samtroten Ohren zu unseren Füßen. Kategorien lösen sich in nur einer Umarmung auf: Es bleibt das Pochen der Haut, Wangenwuscheln und dein Lachen, das meinen Mund entlang streicht.
Ich biete dir das Wir an. Wir haben über Gebühr nicht gelebt, aber wir bewegen, verüben uns; wir überschreiben die Grenze. Wir befinden uns auf Seite eins und klopfen der Vergangenheit den Staub ab – sie braucht uns nicht mehr.

Deine Worte sind in der Stadt und machen mich hilflos. Einen rußigen Atemzug lang sprichst du uns warm, blitzt eine Möglichkeit zwischen meinen Beinen auf. Ich kämpfe, um unversehrt zu bleiben. Ich will Trümmer sehen und vergessen, dass wir alle Ruinen entstammen. Mein Blick ist geschient und stutzt sich schlecht geputzten Fenstern entgegen. Nimm mich mit nach draußen, in den Regen, den Wind. Wasch mich aus, wasch mir den Zorn von den Wimpern. Würz deine Zungenspitze nach. Ich bin deine Geschichte und nur so wahr, wie du mich glauben kannst.

Hörmirzu

Wir sind Frischfleisch und wohnen in Abstellkammern, in Konjunktiven, mit Notstromaggregaten. Auf der Fensterbank stehen Töpfe; neben der Matratze schlafen Toilettensitze. Wir zwirbeln Bärte und Bauchspeck. Wir schreiben Hausarbeiten über Spielsucht bei Exilkoreanern. Wir haben keinen Abschluss, aber wir sind Masters of Reflection. Wir sind auf- und abgeklärt, wir bleiben ruhig bei dezidierten Darstellungen von Geschlechtsorganen.
Wir sind Masochisten und stutzen die Brennnesselbüsche der Schwiegereltern. Wir achten auf unsere Ernährung und bessern unsere Zinkwerte durch Blasen und Schlucken auf. Wir schlagen nur, weil es uns auch weh tut. Wir wollen friedlich miteinander rumleben und keine Kinder, die einem alles absaugen. Wir spüren das nagende Bedürfnis, uns zu kultivieren. Wir ziehen uns Themen aus dem Arsch und gestikulieren wild beim Spülen. Wir diskutieren das Spannungsverhältnis von Porno und Kunst. Wir experimentieren und gestalten. Wir laden Exaffären als Umzugshelfer ein und holen für Urinalspiele die Teichplane vom Dachboden. Wir sind romantisch und versprechen, einander nach einem Flugzeugabsturz nicht zu essen.
Wir halten Geduld für einen Industriekleber und Jesus für einen Typ mit Phantomschmerzen. Wir nähen uns die Lippen zu und lassen sie aufreißen. Wir nehmen zur Beruhigung Wodka ein und haben Scheidenpilze auf dem Nasenrücken. Wir sind extrem vergeltungsorientiert und trinken Fencheltee aus fünfzehn verschiedenen Starbucks-Isolierbechern.
Wir heißen Ida-Luise und Malte-Konstantin und sind nervlich abgenutzt. Wir wurden im Mutterleib zu oft gelobt und haben seitdem Bindungsstörungen. Wir verlieben uns in Therapeuten, Seelenfaschisten, und unsere Bücher beinhalten Beschreibungen unserer Symptome. Wenn wir etwas scheiße nennen, spricht das nur für unser reflektiertes Verständnis von Vergänglichkeit. Our minds are deep as toilets, wir produzieren content. Die Grundlage unseres Optimismus ist blanke Angst. Wir sind nicht kompliziert, nur anstrengend.

Was ich mir vorstelle: vierfüßige Schatten, windzerfetzte Sätze. Eingekofferte Gegengedanken. Keine Stirn, kein Nabel liegt in Falten. Dein Mund ist weich geworden; du leimst Worte zusammen, sagst mich dir auf. Keine Zwischentöne, kein Larvenfieber. Was ich mir vorstelle: Haarpochen auf deinen Armen, Sandlachen und wenn du nur deine Hand in meine schiebst, ist es wie Ficken.

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Komm und besuch mich im Poetenladen

Salzkrustenmund

Kann man machen, die Hände ins Spiel bringen, in Laufrichtung drücken, Weißfleckenschmerzstellen. Kann man machen, sich nach unten arbeiten, nach unten wirtschaften, Lippen spreizen, Hauteingänge frei lecken, kann man machen, mit spröden Härchen im Weg und feuchter Nasenspitze kann man, ein Seufzen vielleicht, ohrenfüllend und ein Schmatzen vielleicht, dem Schweißfleisch geschuldet.
Und ein paar kaum bedachte Fruchtfliegen im Blickwinkel. Erinnerung an Himbeerentakt zwischen den Zähnen. Lippenbetäubung, ziemlich sicher. Kann man machen, Zweifingervorhut ins Dunkel und der Daumen hält die Stellung im Keisverkehr. Kann man machen, die Zunge lockern, Muskeln und Sehnen umschließen, umstellen, Haut nach hinten ziehen, knabbern und saugen, sich nass sprechen.
Kann man machen, Duschkopfflucht und Fingerschrumpeln, flüchtiges, waberndes Heimeln. Salzkrustenmund und die Augen unaufschlagbar - ein Hiebsatz wartet hinter der Nasenbucht. Meine Findelnotiz bleibt ungelesen; dein Schweigen kostet zu viel.

Twitter-Persönlichkeitstest

Wie reagierst du auf technische Probleme?
a) Du kreischst, z.B.:”Der Drucker ist beschäftigt? Ich etwa nicht? ICH ETWA NICHT?!”
b) Du hast keine Probleme, du hast ein I-Phone.
c) Du summst fröhlich ein Lied in Leetspeak, während deine Hände in vertrauten Computereingeweiden wühlen.

Womit verdienst du dein Geld?
a) Du studierst noch oder arbeitest zu Hause, damit du genug Zeit für die Kinder(planung) hast.
b) Du machst was mit Medien.
c) Du machst was mit Technik.

Wie reagierst du auf Entfolgungen?
a) Du weigerst dich, über derlei “Belanglosigkeiten” zu sprechen, während dein inneres Kind sich nervös alle Fingernägel abkaut.
b) Du wirst beleidigend.
c) Du lächelst milde und programmierst weiter an deinem neuen Virus.

Warum bist du bei Twitter?
a) Du bist ein empfindsamer Steppenwolf und suchst Gleichgesinnte, die sich sozialphobisch nennen, weil sie nicht jedes Wochenende durchfeiern.
b) Du machst was mit Medien und brauchst dringend Sex.
c) Du machst was mit Technik und brauchst dringend Sex.

Wie verbringst du deine Sommerwochenenden?
a) Egal, Hauptsache, es ist Alkohol dabei.
b) Du machst was mit Medien und möchtest möglichst viele Leute kennen lernen und sie mit sinnlosen Episoden deines Lebens langweilen.
c) In kurzen Hosen vorm Computer.

Wie stehst du zu Politik?
a) Du bist sehr betroffen wegen des schlimmen Zustands der Welt, bevor du schnell noch Tomatensauce fürs Abendessen kaufen musst. Wahrscheinlich wählst du die Grünen, oder auch die CDU.
b) Du wählst die Piraten oder die FDP.
c) Du gehst selten wählen, und wenn, suchst du dir die Partei aus, die gerade am witzigsten klingt.

Welche Musik magst du?
a) Du hörst ja eigentlich alles, bist aber trotzdem total indie-viduell.
b) Du machst was mit Medien und es muss rocken.
c) Klassik. Nur Klassik. Vielleicht noch the Klinik oder Skinny Puppy.

Und welche Bücher?
a) Hesse. Der bringt dich immer so sehr zum Nachdenken, und das magst du, auch wenn das zwischen den Ohren so weh tut.
b) Du liest Kant für Manager, außerdem gern Unterhaltungsliteratur, aber du schaust lieber Filme, das geht schneller und man kann besser fummeln dabei.
c) Horror. Und Bücher zu Programmierung und Hackordnung.

Und die Liebe?
a) Du lässt kurz die Hand deines Freundes los, um deinen Verlobungsring zu präsentieren.
b) Du sagst:”Beziehungsweise bin ich überqualifiziert” und lachst neckisch.
c) Du wechselst möglichst unauffällig das Thema.


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Auflösung:
a) Du hast Blümchen im Haar und bist wahrscheinlich glücklich. Geh mir aus den Augen!
b) Du machst sehr wahrscheinlich was mit Medien und verdienst so viel Kohle, dass ich für dich nur neidisches Geifern übrig habe.
c) Du bist ein Nerd. Wahrscheinlich schwärme ich heimlich für dich. Immerhin habe ich mich als Mädchen in Data verliebt: Kranke Optik, kluger Kopf und komischer Humor.

trash can lullaby

“Fick mich” auf Kleinmädchenstirn geschrieben, bademantelndes Weiß über baumelnden Beinen. Ich bin keine von denen, ich habe nichts zu berichten von strammen Brüsten und Koffern, von Meersalzgeruch und Hautverschränkung. Ich biete Antennenblick aus ungeputzten Fenstern, Tage in ungewaschenen Hemden, mit kastaniensträhnigem Haar und unstetem Blick.
Atmen heißt suchen, Fragezeichen treiben die Tapete entlang, tippexweiße Finger tasten, fischen nach dem frisch geschorenen Wort.
Ich hab mich in fremden Armen schwer gemacht; jeder Versuch eines Lächelns prallt zurück und hängt tief in den Wimpern. Silbenstich fernt gen Abend, ich finde zurück zum Trotz, zum schokoladenbackigen Blick, Scham weicht aus den Knochen ins Fleisch, meine Stimme Selbstzünder in deiner klatschmohnroten Hand. Ich bin nicht schön und das weiß ich auch, Schweißumriss, Herzrasen und Arterien voller Blütenstaub.

hörmirzu

Vorwort

Ich werde die Schmetterlinge auf Silberschicht bluten lassen. Der Vogelschatten, der mich streift, erzählt von deinen verwachten Brauen und Wimpern. Die Spuren, die Entenfüße ins Wasser treiben, sind dein Trotz und die Muttermalsprenkler auf deinem Rücken. Ich halt mein Gesicht in die Stille. Wir werden ein Zimmer voller Badewannen haben, Klauenfüße und in rostigen Bäuchen Hemden und Röcke und flüchtig gespültes Geschirr. Die Bücher in holziger Sicherheit, in vorsichtigen Händen. Dein Nacken wird nach Pistazien riechen und wir werden wachsen, wenn Platz ist für uns.

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Die alten Regeln gelten nicht mehr.