drama?

Ze Zurrealism Itzelf


14/6

Und dann hast du es doch geschafft, auch, weil dir ein wichtiger Mensch die Karten geschenkt hast. Trotz aller Müdigkeit, aller Verlorenheit, trotz allem, was gerade durch dein Leben pocht.
Austra, die heute ihr neues Album herausgebracht haben. Austra, die in einem Raum spielen, der fast erstickt vor Menschen. Und du tanzt, weil du musst. Weil die Musik deinen Körper hoch hebt, du schaust dir von oben zu, wie es dich mitreißt in diesem gleißenden, zuckenden Licht, wie du untergehst zwischen den warmen, tanzenden Körpern um dich herum. Du schaust dir zu, als sie dein Lied spielen, als du stumm mitschreist, mit schon zittrigen Händen und deinem müden Körper, aber du wirst jetzt nicht aufgeben, nicht bei diesem Lied. Und du schreist deiner Angst ins Gesicht, du forderst sie heraus, und du gewinnst. Für diesen Moment. FEEL IT BREAK!

It’s just a ride

Wenn alles zusammen kommt. So heißt das doch. Wenn alles im Kopf zusammen kommt. Dieses Kaleidoskop aus Zweifeln und Angst. Erst dann passieren Dinge im Körper. Albumauskopplung Schmerz: Herz und Bauch reagieren auf das, was von oben kommt.
Wenn das Draußen mit seinen Erwartungen sich vor der eigenen Komfortzone aufbaut, vor der eigenen Schutzlosigkeit, und wenn dieses Draußen nicht bereit ist, von seinen Erwartungen abzurücken, was dann?

Verteidigst du deine Angst, deine Krankheit – oder dein Bedürfnis? Wo fängt Schutz an? Wie kann man seine Panik davon überzeugen, heute, nur heute, Urlaub zu machen? Irgendwohin zu fahren, wo es sonnig und still ist, wo sich das Gute ertragen lässt, dieses Glück, das sich immer noch zu oft falsch anfühlt?

Irgendwohin, wo es jemanden gibt, der dich daran erinnert, dass du mehr als gut genug bist für diese Welt. Dass du vielleicht niemals zu 100 Prozent funktionieren wirst wie die anderen. Dass du ihre Regeln vielleicht niemals ganz kapieren wirst. Und dass du das auch nicht musst.

It’s just a ride.

Manchmal stelle ich mir vor, dass mein Nachthemd unter deinem Kissen liegen geblieben ist. Dass das Bett immer weiter nach mir duftet. Dass du mir wenigstens im Schlaf nicht entkommen kannst.

http://soundcloud.com/sophiamandelbaum/tiefseeelefant

Rückseitenforschung

Manchmal rächt es sich, das Leben, wie ich es führe. Manchmal rächt es sich, aber ich zahle nicht in Falten und Augenringen. Immer vom Schlimmsten ausgehen, das ist am einfachsten und am schwersten zugleich. Immer vom Schlimmsten ausgehen, mehrere Notaufnahmen lang, drei Mal Krebs, zwei Mal Herzinsuffizienz, ein Mal Kammerflimmern, ein Mal Lungenembolie: Diagnosen, die in den Raum gestellt und wieder zurückgenommen wurden und trotzdem etwas in mir hinterließen: das Gefühl, endgültig schutzlos zu sein.
In der Notaufnahme arbeitet die Zeit gegen alle: gegen die Wartenden, gegen die Schwestern mit ihren Schneehauben und kühlen Gesichtern. Unter ihren Kitteln vielleicht ein Strauß Farben, nach außen hin aber sind sie optimal an die Umgebung angepasst; nur an roten Wangen und Mündern lässt sich ausmachen, dass da ein Mensch vor weißen Wänden läuft.
Es braucht lange, sich durchzuringen, sich für krank genug zu erklären, um eine Notaufnahme zu rechtfertigen. Es braucht die Unfähigkeit, zu stehen, zu atmen, es braucht die Reduktion auf eine Dimension: auf eine Handvoll Wörter, die mit Schmerz zu tun haben. Krankheit ist eine schalldichte Kategorie, die sich im Warten zementiert. Wer lang genug wartet, will nicht mehr bei den Gesunden mitspielen. Wer lang genug wartet, will nur noch von einer Station zur nächsten wandern, Diagnosen einsammeln und Heilsversprechen, an die weder der Arzt noch man selbst glauben kann - aber unter alldem läge ein implizites Versprechen, ein Versprechen von Aufgehobensein. Man wäre darin aufgehoben, Legionen von Röntgenblicken durch sich hindurch marschieren zu lassen. Jeden atmenden, pulsierenden Fetzen könnte man aufheben, beäugen und wieder fallen lassen. Ein Körper ließe sich im Sturm erobern.

Wer zu lange wartet, dem wird der Körper zum Feind, zur Lebendfalle; der Kopf voller Schmauchspuren, Schmauchspuren jedes unausgesprochenen Anfangs, jeder Stille hinter einem Versprechen.
Wer zu lange wartet, vergisst, sich dankbar zu sein für alles, was man schon ertragen hat.

Zuletzt war es immer so, dass ich nicht nichts hatte. Die großen Worte aber schepperten an mir vorbei: Es reichte für Floskeln, für Worte, die so abstrakt waren, dass sie es mit der Unendlichkeit aufnehmen konnten. Es reichte für einen müden Taxiruf im Morgengrauen; die Häuser im Regen draußen wie abgeschminkt, der Wind fuhr kalt durch mein feuchtes Gesicht und ich dachte: wenn jemand all das hier musikalisch begleiten würde, er würde jetzt aufhören zu spielen.

Ein Krankenhaus ist ein Ort, an dem wir uns aufspalten, zwei Namen tragen: einen gesunden und einen kranken. Mit etwas Glück wartet am Ausgang jemand, der den richtigen kennt.

let it go, it controls you.