drama?

Ze Zurrealism Itzelf


Zwei werden sich nie einig sein, was ein Moment wirklich bedeutet. Was es heißt, wenn ich meine Hand auf deine lege. Was meine stolpernden Worte bedeuten und dein Lächeln, das auf Rückzug geht. Was das Foto bedeutet, das du von mir geschossen hast, in einem unbeobachteten Moment, das Foto, das du still auf den Tisch legst, bevor du gehst, eine Erinnerung an bessere, schweigsamere Tage.
Ich bin im Schreiben immer besser gewesen als im Reden. Manchmal denke ich, ich sollte stumm spielen, alles, was ich sagen will, zuerst auf Notizblöcke kritzeln und zehn Mal gegenlesen, alles Überflüssige kürzen und streichen, alles, was zu sehr nach Sehnsucht klingt, nach Brauchen, nach Einsamsein, alles, was zu sehr nach mir klingt. Alles, was mich zurück an den Rand deines Lebens rückt, irgendwo dorthin, wo die unliebsamen, sperrigen Möbel stehen, die man beim nächsten Umzug zurücklässt. Irgendwo kurz vor unbekannt, irgendwo, wo ich begreife, dass Reden ein Spiel ist, das ich nicht gewinnen kann.

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Ich bin nicht gut darin, mit dem Sterben umzugehen, ich bin nicht gut darin, einzusehen, warum es immer die Guten treffen muss, ich bin nicht gut darin, mir sinnstiftende Floskeln vorzubeten oder auch nur anzuhören; wenn einer von den Guten stirbt, weigere ich mich, das zu glauben, so lange es geht, aber natürlich geht es nicht und natürlich landet man am Ende wieder bei sich selbst, fällt auf dem Bett schlaflos ein paar Jahre zurück, auf die bemüht sonnige Kinderstation des städtischen Krankenhauses, mit all den kleinen, schmalen Körpern, die Infusionsständer duldsam hinter sich herzogen wie einen sperrigen Schatten. Die klaglos bunt gefüllte, daumenlange Kapseln schluckten, als würde es nichts bedeuten, als würde all das nicht bedeuten, ​dass sie bald Teil der Bildergalerie an den Wänden sein könnten, blasse Gesichter hinter Klebefilm, versehen Namen und Todeszeitpunkt, mit kleinen Notizen der Krankenschwestern: Lieblingsmomente, Lieblingsspiele, Lieblingsmusik, all das, wofür zu wenig Zeit geblieben war. Natürlich bricht am Ende alles wieder los, was ich gerade hatte zurückdrängen können, das kalte Licht der Notaufnahmen, die ernsten Arztgesichter, das Dröhnen während der CTs, die Röntgenstrahlen, die ich mir bei geschlossenen Augen leuchtend blau vorstellte, leuchtend blauer Trost, der durch mein Gewebe strahlte und mit viel Glück kein größeres Unglück hinterließ. Meine Venen, von denen es hieß, sie seien kompliziert, meine Symptome, von denen es hieß, sie seien atypisch, unerklärlich, die Arztmünder, die mich weiterverwiesen, von Körper- zu Kopfärzten und wieder zurück, und während dieser seltsam tauben Reisen durch die bodenlos fehlbare Welt der Diagnostik gellte im Ohr, was ich später eine Weile lang tatsächlich vergessen, in die Floskelschublade zurückschieben konnte: The problem is, you think you have time.

Vom Anfangen.

Am Anfang bin ich am besten. Wenn ich mir deine Augenfarbe noch nicht gemerkt habe, aber genau weiß, wie sonnenhell dein Haar nach nur einem Meertag ist. ​Wenn du behutsam eine Wimper von meiner Wange aufliest und ich meine Hand beim Pusten kurz um deine lege. Wenn mein Kopf deine Schulter berührt oder dein Knie meins und ich ein paar Stunden brauche, um mich davon zu erholen. Wenn es keinen Lärm gibt, keine Scherben, wenn auch der Platzregen mir das Lächeln nicht aus dem Gesicht spülen kann. Wenn jeder Tag- und Nachttraum bei dir ankommt. Wenn unser Lachen genau richtig klingt. Wenn mein kompliziert noch als dein sexy durchgeht. Am Anfang bin ich am besten, weil dann nur Platz ist für die guten Geister. Weil alles noch jetzt ist und nichts von gestern stört. Weil da noch so viel Platz zwischen uns ist, gefüllt mit Dingen, die du nicht von mir weißt.

read me right.

Der Bildschirm meine Weltkarte, noch immer, ich betaste mit den Fingern alte Pfade, gehe im Staub verloren. Vor zehn Jahren hat das angefangen, mit dem Internet und mir, hat das angefangen mit den fieberhaften Unterhaltungen: Buchstaben und Telefonnummern eintippen, die Fremdheit mit sich überschlagender Stimme überwinden. Und es fühlte sich an, als wären alle anderen genauso sehnsüchtig wie ich, auf der Suche nach einem Gefühl, das sie einfach anfallen und nicht mehr weggehen würde, das die genau richtige Hand in ihre schieben würde.

Dass alle anderen dieses Gefühl nicht nur in Tastaturen tippten, nicht nur in Telefonhörer sprachen, dass sie es mit sich nach draußen trugen, in Regen und Schnee und in die Sommerwärme dieses oder eines anderen Kontinents, war mir gleich; ich versteckte mich, mal hinter Grippe, mal hinter Geldsorgen, und ich kam damit durch, Geistermädchen zu sein, versteckt in schmalen Zimmern, hinter Bücherwänden und der genau richtigen Musik.

Ich dachte, dass ich einfach immer damit weitermachen könnte, Menschen in mein Bett einzuladen und morgens entschuldigend meine Sammlung von Ausreden vorzuzeigen, die Tür zwei Mal abzuschließen und mich nicht einlassen zu müssen, egal, auf was. Und währenddessen würde die Geschwindigkeit der Welt gedrosselt, währenddessen würden die Menschen draußen auf der Straße wie durch Sirup gehen und sprechen. Alles würde darauf warten, dass ich die Gewichte an den Füßen, die Gewitter im Kopf abgeschüttelt hätte und endlich mitmachen, mitspielen könnte, im Regen, im Wind. Dass ich ungerührt in Zügen und Flugzeugen sitzen würde, dass ich morgens schluppenblusig im Büro sitzen und abends zufrieden meine Kontoauszüge beäugen würde. Dass ich lächeln und schlafen gelernt hätte und alles andere, was so als selbstverständlich durchgeht.

Und jetzt ist es, als hätten die anderen die Sehnsucht verlernt; Sehnsucht ist jetzt ein verbotenes Wort, ein übel zugerichteter Traum.