Version vom 04.09.2013


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post 5961223780113 crawl-Datum: 01.09.2013 post Internet ArchiveIn der letzten Woche habe ich dich überall in den Straßen Berlins gesehen, natürlich wusste ich, dass das nicht du warst, ich sah dich bloß in den großen, schmalen Männern, den kantigen Gesichtszügen, und mich überkam dieser plötzliche Drang, dir zu schreiben, dir zu danken für jedes Stück Mut, das aus deinen Worten zu mir gesprochen hat, zu mir unter vielen, und dennoch. Und dennoch hast du mich erinnert, ans Durchhalten und Durchatmen, so beschissen das auch ist, dass es immer noch ein größeres Leid braucht, um sich zu erinnern, dass jeder, dass dieser Tag ein verdammtes Geschenk ist, und dass man sich links und rechts ohrfeigen sollte, wenn man an diesem Tag nicht das tut, was man tun muss. Wenn man das Buch oder den Brief nicht zu Ende schreibt. Wenn man nicht anruft, wenn man nicht Sturm klingelt. Wenn man nicht lächelt. Wenn man nicht weint. Wenn man nicht den Mut aufbringt, zu sagen, ich liebe dich oder ich glaube, das mit uns ist vorbei. Ich hätte dir schreiben sollen. Ich hätte dir sagen sollen, dass ich ohne dich so oft nicht mehr weiter gewusst hätte. Es hätte nichts besser gemacht, es hätte dein Elend nicht verkleinern können und den elenden Tumor sowieso nicht. Es hätte deine Einsamkeit nicht geschmälert, diese endlose Einsamkeit, die dich in die Nacht getragen hat, die dich ein Ende hat machen lassen, ehe es dein Körper, dein Feind, es konnte. Aber ich hätte so gern daran geglaubt. Es war zu früh. Es wird immer zu früh sein. Und wenn es einen Gott gibt dort draußen, hoffe ich, dass er wenigstens jetzt gut für dich sorgt. Du fehlst, Mann. du fehlst.


post 595032229014 crawl-Datum: 04.09.2013 post Internet ArchiveUnter der Decke erkenne ich mich: immer noch Tier, das im Dunkeln lebt. Es wundert mich, dass mein rasendes Herz den Baumwollstoff nicht nach oben katapultiert. Wenn, wie es so schön heißt, alles zusammen kommt, bleibt nur eine Frage übrig: ob es weitergeht, trotz Allem. Ob ich überlebe, ein weiteres Mal. In allen Zimmern, in denen ich je gelebt habe, lag ich unter zu schweren Decken und fasste im Fieber Vorsätze. Morgen würde ich die richtigen Gefühle und Fertigkeiten haben. Morgen würde ich einen Ort finden, an dem ich besser sein könnte. Morgen würde meine Stimme weiter tragen als ins Leere. Aber mein Gespür für die Welt blieb heiser; es kratzt nur an den glänzenden Oberflächen fremder Dinge und Gesichter. Ich habe die Einsamkeit nicht genutzt, habe keine Vogelstimmen auseinander halten gelernt; es gibt kein Geräusch, aus dem ich Wind- oder Feindrichtung lesen könnte. Meine Augen tränen noch immer, wenn es draußen hell wird. Sie erinnern mich daran, wie versiegelt mein Körper über Jahre gelebt hat, versiegelt in einem einzigen Raum: ein genau abgemessenes Traumterritorium. Begreifen beginnt im Nacken, es vibriert, bis der Hals den Kopf nicht mehr oben halten kann. Es wandert die Wirbelsäule entlang, bebt in Ober- und Unterschenkeln. Als kröche etwas durch mich hindurch, ein Klopfen, ein Zeichen. Es ist, als kniete ich an einem Beckenrand, der Atem taucht abwärts, zu einer Münze am Grund. Zu den verschlissenen Menschen vergangener Jahre, zu Therapeuten und Liebhabern, zu noch zuckenden Resten warmer Worte, zu ungelesenen Briefen und Büchern. Zum Wissen, dass ich nicht aufhören kann, Geschichten vom Scheitern zu erzählen. you`ll curse yourself for the things you haven`t done


post 5378767080728 crawl-Datum: 02.08.2013 index Internet Archivefür M. Ich erinnere dich in Schnappschüssen. Ich liege im Krankenhaus, draußen ist Sommer, drinnen wird die Luft eng, drinnen atmen die, von denen die draußen nichts wissen wollen. Drinnen erreichen mich deine Briefe, deine fein geschwungene Schrift. Du schreibst, dass das Licht nach den dunklen Jahren unfassbar sein wird. Dass ich die Zeit nutzen soll, in der ich Beobachterin bin, von außen auf das schaue, was „gesund“ genannt wird, oder „Alltag“. Dass ich nicht leiden soll an dem, was ich für Schwäche halte. Ich glaube dir nicht, und ich tue dir unrecht. Denn es ist alles wahr. Ich werde jeden Tag über das Blutrot eines Sonnenuntergangs staunen, über die Weite des Himmels, über Blumenfarben am Straßenrand, ich werde mit dem Wind lachen, der mir das Haar zerzaust, und ich werde verstehen, dass ich in der Dunkelheit zum Schreiben gefunden habe. Du hast die richtigen Fragen gestellt, von Anfang an, aber ich konnte nur wenige davon beantworten. Mir zerstob jeder Ausdruck, jede Metapher, die eben noch glatt auf meiner Zunge gelegen hatte. Ich konnte mich auf meine Worte nicht mehr verlassen. So sehr hast du mich aus der Fassung gebracht. Du liebst die norwegische Sprache nicht ohne Grund, denke ich heute. Tief gesprochene, fast gesungene Worte, von klarer Struktur, zurückhaltend, aber liebevoll. Ich würde gern all meine Briefe an dich neu schreiben. Würde rechtzeitig erkennen, wie viel Platz für Sorge in deinem Lächeln steckt. Ich habe dir nicht oft genug gesagt, dass du so viel mehr erreicht hast, als du glaubst. Weil du zu dir geworden bist. Du bist der schönste Mensch, den ich je gesehen habe. Und am schönsten warst du im Wort, in deinen Gedanken. Du wolltest ein Buch schreiben, und du wusstest, dass das Wichtigste die Widmung ist. Du hast jemanden geliebt, eine Liebe, die Wundbrand war. Du warst so demütig angesichts dessen, was du verloren hast. Du trugst nicht schwer an deinem Schmerz, du trugst schwer an Ungeduld, am Warten auf den Tag ihrer Rückkehr. Für diese Frau hättest du alles hinter dir gelassen. Ich habe dir nicht gesagt, dass ich gern diese Frau gewesen wäre. Oder wie sehr ich mich in deine Angst vor Belanglosigkeiten verliebt habe. Oder dass du immer Teil von mir sein wirst. So ist das eben mit den Menschen, die im Dunkeln deine Hand nehmen. Wenn du nichts mehr sehen kannst, wirst du umso stärker fühlen. Ich habe deine Stimme verloren, weißt du. Es ist zu lange her. Ich würde sie unter vielen nicht wieder erkennen. Aber ich wünsche mir, dass ich das nicht muss. Ich wünsche mir, dass wir uns eines Tages an irgendeinem Bahnhof gegenüberstehen, müde von der Fahrt und vom Vorfreuen, und dass ich dir sagen kann: Ich habe es damals nicht gewusst, aber du hast mir das Leben gerettet.


post 5011404390711 crawl-Datum: 02.08.2013 index Internet ArchiveWorte von gestern Im Spiegel bin ich noch Mädchen, im Spiegel ist noch Zeit, bis es ans Zugreifen, ans Zupacken geht. Bis Füße nicht mehr stolpern, bis Augen nicht mehr suchend auf dem Boden, auf Haut tasten dürfen. Älter werden ist eine ruckartige Bewegung; eines Morgens kräuseln sich Ahnungen auf der Stirn, auf den Oberschenkeln. Eines Morgens gähnt es sich beharrlicher, tiefer, und das, obwohl ich mich in all den durchwachten Nächten nicht am Lachen verschluckt habe. Wach sein, das hat nichts mit Tanzen zu tun, der Strobo in Mitte reicht nicht bis in mein Zimmer; hier gab es nur das Wissen, die Ahnung, die Hoffnung, dass noch Zeit wäre. Dass ich es mir leisten könnte, die Welt vor den Fenstern vorbei ziehen zu lassen. Die Haare vom Kissen dicht ans Kinn gedrückt: liegen und den Worten zuschauen, wie sie sich formen im Kopf. Liegen im Wissen, dass ich irgendjemanden noch wecken kann, einen der schmal geschnittenen Jungen, die daran glauben, dass man mich retten könnte oder müsste. Emotionspingpong durch Glasfaserkabel: ein fremdes Lächeln ist immer am schönsten, am sichersten. Vielleicht hat es mit dem älter werden zu tun, dass man kaum jemanden noch wecken darf. Der Bedarf an Illusionen sinkt; heute träumt man von Alltag. Die Guten, sagte Großmutter, die Guten sind immer zuerst weg, übrig bleibt Ausschuss. Übrig blieb ich; übrig blieben fremde Herzen, in die ich zur Zwischenmiete einzog, ein paar Wochen und Telefonstimmen lang. Das unretuschierte Gesicht bei Skype: ein Cliffhanger für zwei. Danach fängt man an, die Sätze des anderen abzugleichen mit dem, was man eigentlich will. Danach fragt man sich, ob die Stille am anderen Ende der Leitung wirklich Lächeln ist. Manchmal sucht man sich ein Nest im fremden Bett, flüstert einander Fabeln vom Gelingen ins Ohr. Manchmal nimmt man eine Pause vom Alltag, bis die Münder sich ampelrot färben. Bis sich Unausgesprochenes zwischen uns sammelt; in unseren Köpfen ist von Enttäuschung die Rede. Das Lächeln schmilzt weg, weil wir einander nicht erkannt haben, obwohl man uns hätte ausdrucken können, seiten- und bücherlang sind wir uns einig gewesen. Sehnsucht muss nicht übersetzt werden: im bedürftig sein verstanden wir uns. Später dünnen die Nachrichten aus, magern ab bis zum Schweigen; später ist auch das Nichtschwimmerbecken Internet eines, in dem man untergehen kann.


post 4931480746513 crawl-Datum: 25.06.2013 rss Internet Archivesave yourself a song. Betrunken sein, das geht auch mit müden Augen und zu viel Zucker im Blut. Betrunken sein unter schubsenden, singenden Anderen. Es ist nicht so, dass ich das nicht versuche mit dem normal sein. Alle paar Jahre gibt es jemanden, der mich nach draußen zerrt, der mich daran erinnert, dass Nächte mehr zu bieten haben als verwachte Stunden. Als Musik und Bücherstapel und Sehnsucht ohne Ort. Es ist ja nicht so, dass ich nicht nippe und kaue und schlucke. Dass ich nicht küsse und frage und antworte. Es ist ja nicht so, dass ich nicht lächle, wenn das richtige Lied mich anfällt. Wenn es endlich draußen und nicht nur im Kopf zu laut wird. Es ist nur so, dass das, was ich tue, bloß Imitation ist. Im Brustraum pochen Leerstellen, mein Puls telegrafiert Nachrichten, die ungehört bleiben. Sobald ich versuche, eine Geschichte zu erzählen, stellt sie ihre eigenen Regeln auf. Drinnen, in meinem Raum, meiner Komfortzone, bilde ich mir Berührung in der Sprache ein, Verstandensein. Draußen verstehe ich, dass es nur Aufprall geben kann. Erschütterungen.


post 4687831819910 crawl-Datum: 25.06.2013 rss Internet ArchiveTheorieanwendung Fortgehen Schreiben, um nicht zu vergessen, das funktioniert nicht, sagt er, weil keiner ehrlich ist, wenn er sich erinnert. Gestern gibt es ein paar Sätze lang Ruhe, weil dich keiner böse überraschen kann. Weil du behaupten und glauben kannst, dass der andere angefangen habe mit der Theorieanwendung Fortgehen. Dass niemals du eine Tür zugeschoben hättest, dass niemals du prophylaktisch kaputt gemacht hättest, was gerade angefangen hatte, zu wachsen. Egal, welchen Namen du der Vergangenheit gibst, sie setzt sich nicht zur Wehr. Gestern gibt es ein paar Sätze lang Ruhe, aber dann eroberst du mit dem rechten Fuß die Bettdecke zurück, weil du im Halbschlaf vergisst, dass es niemanden gibt, mit dem du um sie kämpfen musst. Gestern lächelst du nicht beim Aufwachen, gestern ist dein Gesicht schweißlackiert vor sauber ausgeführter Angst. Gestern gibt es Spiegel nur, um dir beim Alleinsein zuzusehen. Gestern macht nicht immun, nicht mal gegen dich selbst. Gestern kann dir keiner mehr etwas wegnehmen, aber du nimmst dir alles, was du für heute brauchen könntest. Schreiben, um nicht zu vergessen, das funktioniert nicht, weil es dann keine neuen Erinnerungen gibt. Bilddank an donmezerm.


post 3899028166713 crawl-Datum: 25.06.2013 rss Internet Archiveopen mike 012 Hier läuft es auf Schummrigkeit hinaus und darauf, dass alle da sind. Es läuft darauf hinaus, zu rauchen. Es läuft darauf hinaus, dass alle viele Gedanken und Gefühle haben. Es läuft auf Applaus hinaus und dass ich nicht dabei sein will. Während die Jury offenbart, wer dieses Jahr für wertvoll befunden wurde, will ich Absperrband um meinen Körper wickeln. Das hier ist zu viel, zu laut; das hier steht mir bis zum Hals. [bei ocelot weiter lesen]


post 371178959206 crawl-Datum: 25.06.2013 rss Internet Archivedein Kleingedrucktes lesen Der Größe der Wohnung nach zu urteilen, muss sie noch sehr jung sein. Die schlecht tapezierten Wände gehen auf dich; die Fenster ein Querverweis: eine gemischte Tüte Wetter. Du steigst blinzelnd aus dem Schlaf und ich weiß nicht, ob das Freude bedeutet oder ob du nicht glauben willst, dass ich noch hier bin. Wir kennen uns, sage ich leise, wir kennen uns vom letzten wachen Atemzug gestern Nacht. Deine Augen traumschmal: du sagst guten Morgen, ohne zu lächeln. Der Tag ist schon voraus gegangen; deine Haare stehen so trocken vom Kopf ab, als wären sie lang nicht mehr gegossen worden. Die Füße wie Koffer vom Bett schwingen; auf dem Boden die erste Tasse Frost. Ein romantisches Wort wäre immerhin vorstellbar, ich denk es mir in deinen Mund, in dein grobkörniges Gesicht. Zu Weihnachten könnten wir uns Emotionsprothesen schenken. Wenn es uns dann noch gibt. Vorerst frühstücken wir, auf der Suche nach einem Vorwortgefühl; ich steche der Butter als erster ins Herz. Unberührt: die Kartografie von Erdbeeren, pockennarbiges Rot und Puderzuckerdünung. Auf deinem Teller formiert sich ein Heer aus Krümeln; manchmal denke ich: ich muss immer etwas wegschieben, selbst wenn es nur Kaffeetassen sind. Egal, mit wem, man ist niemals mit allem versorgt; wenn das Elend von draußen fehlt, kommt eben eins von innen nach. Das verschwindet nicht einfach, die Überzeugung, dass nichts wirklich gut werden kann; vielleicht gibt es Stellen am Körper, die zu berühren bedeutet, entzwei zu gehen. Du drehst die Musik auf; von unten pocht eine, die noch mit Türspion und Filztischtüchern lebt, mit Sonntagstorte als Weltordnung; wir polieren statt Geschirr nur unsere Wünsche nach, sie schimmern im Slalom auf deinem Gesicht, und all das hilft nur marginal gegen Wahrscheinlichkeiten. Bilddank an Teresa Queiros.


post 3316983426713 crawl-Datum: 25.06.2013 rss Internet ArchiveMit noch verschlafenen Augen an den Ort fahren, wo wir uns zuletzt begegnet sind. Als wäre etwas... Mit noch verschlafenen Augen an den Ort fahren, wo wir uns zuletzt begegnet sind. Als wäre etwas eingefroren, als würdest du noch immer dort am Bahnsteig stehen, mit diesem verunsicherten Lächeln. Als ob du mich nicht glauben könntest. Zuletzt waren wir Sommer, jetzt gibt es gelbe Blätter und Kastanien; ich sitze neben Tabakresten und der letzten Weinflasche der Saison, den Blick auf Passanten gerichtet. Jeden, der suchend zwischen den Ausgängen pendelt, will ich mit deinem Namen ansprechen. Neuerdings brennen meine Augen beim Weinen, die Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit habe sich verändert, sagte der Arzt, und ich frage mich, was du sonst noch verändert hast. Die Eisfrau hat Freizeit und telefoniert; die letzten Wespen prallen gegen ihr verwaistes Stück Kuchen. Auf den Touristenbooten stapeln sich Plastikstühle; die Enten tragen Herbstgrau und drehen ab, als sie erkennen, dass von mir nichts zu erwarten ist. Der Rasen wird für die kalten Tage kurz geschoren; kurz vor eiskalt stehe ich auf, schaue mich immer wieder um, bis die Bahn sich mit mir in Bewegung setzt. Ich muss mich noch daran gewöhnen, dass jetzt die Zeit ohne dich beginnt; eine Zeit, die zeigen muss, wer wir füreinander wirklich waren. Und sind.


post 3234166848621 crawl-Datum: 25.06.2013 rss Internet Archive26/09 Ich steige aus der Bahn, dein Rücken verschwimmt, geht unter in der Menge und ich denke, es könnte alles auch ganz anders sein, eine neue Hand könnte nach meiner greifen und ich würde mit jemand anderem weiter gehen. Manchmal will ich in Bahnhöfen leben, an Orten, die es nicht wirklich gibt, wo all die kleinen Dinge nicht existieren, die Decken und Kissen, die Platten und Briefe, all die Dinge, die nur scheinbar Halt geben. Es bräuchte Bahnhöfe mit Schwimmbädern: die letzten Reste vom Ich abduschen und unter Wasser neue Regeln aufstellen. Aber heute gibt es Berlin, gibt es Kurortstimmung in Friedrichshagen. Maßgeschneiderte Dinkelkuchen und Wollkostüme. Haustierreiki, Luftkristallfilter und mediale Vermittlung: Hier ist Raum für alle Überflüssigkeiten, selbst die Wespen wollen nur spielen. Wir tasten uns verschnörkelte Häuserfronten entlang, hier ist doch vor Allem Seewasser mit Möwen darauf, die ungerührt im weichen Wind schaukeln. Neben uns Berliner, die sogenannten richtigen, die auch kein anderes, besonderes Bier trinken. Auch die richtigen Berliner schauen auf den Müggelberg, als läge am anderen Ufer etwas Großes. Trockenlegung der Blätter auf dem Boden, erste Kastanien wie aufgespießt daneben, ich lese in deinen Fußabdrücken, als wäre das unser erster Herbst. Die Enten starren, eine brotlose Kunst. Ich werfe meine Schuhe in die Luft; vielleicht ist mir der Himmel früher nicht aufgefallen, dieses überschäumende Weiß vor Blau, dieser Kugelflausch am Horizont, mit dem ich um die Wette rennen will. Aus dem Stand in die größtmögliche Geschwindigkeit: die Entfernung zwischen dir und mir kurzschließen. Ich könnte nichts mehr wollen, die Schmauchspuren der Flugzeuge würden nichts bedeuten als Elefanten im Steigflug, vertraute Unmöglichkeit. Das war vielleicht der letzte warme Tag, sagst du, der letzte warme Tag, ehe wir uns in einem Wort zusammen rollen, für den Winter.


post 3211846121330 crawl-Datum: 25.06.2013 rss Internet ArchiveAch, Hildesheim. Als ich hier anfing, sah ich aus wie ein Junge, bleich und langhaarig und an den falschen Stellen zu dünn. Ich stakste durchs Studentenwohnheim, behindertengerecht nannten sie das, dass der dunkle Flur sich ohne Treppen nach oben schraubt, eine Mischung aus Jugendherberge und Science-Fiction aus den Fünfzigern. Ich saß in der Uni und lernte, dass man nachmittags ruhig den ersten Sekt aufmachen kann und Luftgitarren ein ernst zu nehmendes Seminarthema darstellen. Das hier hätten doch Leute wie ich sein sollen, stille Stubenhocker, und dabei ging es mit dem Saufen, dem Lautsein erst los, ich saß mit Notizbuch und großen Augen in Kellern, auf Dachböden und in Seminarräumen; hätte es einen Panikknopf gegeben, ich hätte ihn nicht loslassen können. Dieses Herzrasen, als es anfing mit dem Texte vorlesen, den Kopf zwischen den Schultern nach unten geschraubt. Als es damit anfing, sich ernst zu nehmen für das, was man tut. Das Schreiben zum ersten Mal „Arbeit“ nennen. In Hildesheim zu studieren, war, wie in Therapie zu sein. „Wie lange bist du schon hier?“ „Wie lange musst du noch?“ „Was macht dieser Text emotional mit dir?“ Manche waren vorher schon krank gewesen, manche wurden es erst, und an manchen schienst du abzuprallen: sie fläzten sich auf deinen Wiesen, stapften unverdrossen durch deinen Regen, mit ihren Hipsterjeans und Ballettschühchen, mit offenen Haaren und Hemden. Deine Ureinwohner sind Alte, die aufs Sterben warten oder Teenager mit Zahnspangen, die sich prügeln wollen, dazwischen gibt es nichts, nichts als Studenten, die verzweifelt versuchen, sich nicht zugehörig zu fühlen und in irgendeinem Supermarkt frisches Gemüse zu finden. Alles hier schaut abgestanden aus, ich musste Kassiererinnen erklären, was Basilikum ist und hätte mich danach gern betrunken, ein weiteres Mal. Ich litt an dir wie ein Hund und bekam Carepakete, von Freunden und Fremden, ich habe in meinem Wohnheimzimmer eindeutig zu viele Jungs geküsst und zu wenige Mädchen. Ich habe ein Menschenleben gerettet und das einer Ente nicht retten können, die deine Einheimischen umgebracht und gegrillt haben, Hildesheim, an deinem beschaulichen See, wo immer mal wieder ein Betrunkener untergeht; bescheidene Holzkreuze erzählen von René oder André, während nebenan Kopfsprünge geübt werden. Wer die schlimmste Vorstellung von Provinz mit seinem Alter malnimmt, der weiß, wie es hier aussieht. Es läuft sich, es denkt sich wie durch Sirup durch deine Straßen und Tage und ich habe mich dafür gehasst, genau das zu brauchen, diese ins Minus gedrehte Geschwindigkeit. Ich brauchte diese drei Jahre, in denen ich lachen und weinen lernte, in denen ich aus dieser unsäglichen Taubheit klettern lernte, die mich ausgefranst hatte. Du zwingst zur Nähe, Hildesheim, du zwingst zu ausgiebigsten Tee- und Bierstunden in WG-Küchen, weil deine Cafés, deine Clubs ihre Namen nicht verdienen. Aus Verbündeten gegen dich werden Freunde, man liegt sich hier rekordschnell in den Armen, jedes Stück Wärme wird geschluckt, damit es sich im Magen hält, auf dem Heimweg. Hinter mir liegen drei Jahre voller guter, tiefer Gespräche, eine Tiefe, die ich in Berlin erst suchen muss, weil das hier nicht so leicht ist, in fremde Küchen zu dürfen, in den allernächsten Raum, weil man hier Mittel- und Knotenpunkte sucht, Zwischenorte, an Haltestellen gelegen. Man wird dir nicht gerecht, Hildesheim, weil man sich an dir aufreibt, dich hassen muss und trotzdem an dir gesund wird. Und es braucht Berlin nicht, weil da alle hingehen und immer noch glauben, bei ihnen wäre das neu. Es braucht Berlin, weil ich ein Zuhause brauche, Hildesheim, und dafür taugst du einfach nicht. Ich lasse zentimeterweise Haar zurück, eine Handvoll Illusionen und die Gewissheit, dass du alles verändert hast. Hab es gut, Hildesheim. Danke für alles.


post 2825859618218 crawl-Datum: 25.06.2013 rss Internet ArchiveWir fragen nur, damit es nicht still wird. Als hätten wir nie gelernt, miteinander zu sprechen, die Fremd-Worte zwischen uns fallen schwer von der Zunge, starren uns vom Boden aus an, verständnislos. (Vielleicht habe ich deinen Namen so oft ausgesprochen, dass er müde geworden ist.) Draußen, flügelschlagend: eine höhnische Spatzenkolonne, statt Musik der Beginn eines Erstickens, ich weiß nicht mehr, wie das geht mit dem Atmen, mit allem, mit uns. Da war doch mal Wärme, da war keine Stelle, an der es uns noch nicht gab. Unsere Freundschaft: ein Ort, wo wir nichts erklären mussten. Ein Heimatort, ein Ort gegen die Welt, und jetzt nur noch müder Trailer von gestern, grobkörnig aufgelöst. Wir sind ökonomisch geworden, wir denken in Kategorien von Pflicht und Investition. Es gibt kein Ziel mehr, das alles aufwiegt, nur die Frage, welchen Preis wir zu zahlen bereit sind, für eine schrumpfende Handvoll gemeinsamer Nenner. (Da kommt etwas Neues, würde ein Muttermund sagen, und was, wenn das Neue, das sich auftut, nur Leere ist?) Ausatmen: Schlussmarkierung. Ich sag dir leise adieu, vielleicht hörst du es dann nicht, vielleicht höre ich es dann nicht, vielleicht ist es dann nicht wahr. Bilddank an tranquility.


post 2656803394614 crawl-Datum: 26.01.2013 rss Internet Archive“Mein Leben besteht von jeher aus Versuchen zu schreiben, und meist aus mißlungenen. Schrieb... “Mein Leben besteht von jeher aus Versuchen zu schreiben, und meist aus mißlungenen. Schrieb ich aber nicht, dann lag ich auch schon auf dem Boden, wert hinausgekehrt zu werden. Nun waren meine Kräfte seit jeher jämmerlich klein und so ergab es sich doch, daß ich auf allen Seiten sparen, überall mir ein wenig entgehen lassen müsse, um für das, was mir mein Hauptzweck schien, eine zur Not ausreichende Kraft zu haben. Wo ich es nicht selbst tat, wurde ich zurückgedrängt, geschädigt, beschämt, für immer geschwächt, aber gerade dieses, was mich für Augenblicke unglücklich machte, hat mir im Laufe der Zeit Vertrauen gegeben und ich fing zu glauben an, daß da irgendwo ein guter Stern sein müsse, unter dem man weiterleben könne.” Aus: Kafkas Briefe an Felice, S.65


post 2401207699616 crawl-Datum: 26.01.2013 rss Internet ArchiveLichtwechsel. Stell dir einen Kinosaal vor, in dem es niemanden gibt außer uns. Die Tiefe der Stille zwischen jedem Geräusch. Das Draußen bleibt, wo es hin gehört. Wir sitzen vorn, die Arme verschränkt, unsere Köpfe aneinander gelehnt, ein Versuch von Feuer. Lichtschnüre zu unseren Füßen und die Wände entlang, wir könnten für immer hier sitzen, denke ich, was war, wird nie aufhören, irgendwo platzen die immer selben Wunden auf, aber irgendwo öffnet sich auch immer etwas gen Morgen, irgendwo ereignet sich etwas, ereignen wir uns. Das hier ist Zukunft, in der ich weiß, dass ich alles schon mitgebracht habe, dass alles in mir eingeschrieben war. Wen ich lieben, an wem ich verzweifeln würde. Was ich zu sagen, zu schreiben hätte. Ein Stück Zukunft, in dem mir niemand näher sein konnte als du. Bilddank an tons of land.


post 2388775517614 crawl-Datum: 26.01.2013 rss Internet ArchiveDie Lektion sterbender Menschen bleibt immer gleich. Wer stirbt, hat begriffen, dass es nichts... Die Lektion sterbender Menschen bleibt immer gleich. Wer stirbt, hat begriffen, dass es nichts weiter braucht, als das Meer zu sehen, als ein letztes, ein bewusstes Mal zu tanzen, zu küssen. Wer stirbt, erzählt den Lebenden davon, damit sie nicht den gleichen Fehler machen. Aber sie machen ihn trotzdem. Vielleicht brauchen wir es deswegen noch immer, dieses Sterben. Bilddank an nothingpersonal.


post 2102647087013 crawl-Datum: 26.01.2013 rss Internet ArchiveUnd dann kommt der Moment, in dem die Selbstschutzmaschine, die schon auf Autopilot lief, noch ein,... Und dann kommt der Moment, in dem die Selbstschutzmaschine, die schon auf Autopilot lief, noch ein, zwei Mal knattert und dann wird es still, dann pocht nur noch mein Herzschlag ins Ohr, zu schnell und zu blass sieht es aus, hier, am Ende des Tages. Der Blicksuchdurchlauf strandet an der Notfalltasche, dem kleinen Rucksack voller Dinge, die man braucht, wenn man sich nicht vergeben kann. Alles spielt nur noch die Rolle der anderen, die Rolle derer, die nachts nicht zerfetzt werden vom Gefühl, dass es vielleicht kein Morgen mehr gibt, dass dieser Körper endgültig zu müde ist, um ein weiteres Mal aufzustehen und in einen Tag zu gehen, der sich nicht lohnen wird, weil ich nicht dort bin, wo ich sein will. Weil niemand neben mir aufwachen wird, weil mich niemand an den Menschen erinnert, der ich gern geworden wäre. (Der Traum vom gelingenden Leben ist mein Lieblingssymptom.) Das ist der Moment, in dem ich in jedes fremde Gesicht auf der Straße schreien möchte, nimm mich mit, hol mich heim, wo auch immer das sein mag. Bilddank an liquid meth.


post 2053182838814 crawl-Datum: 22.09.2012 rss Internet Archivefür L. und die anderen. und was, wenn ich immer noch wissen will, was du tust. und wie du es tust. wo du hin willst. wir haben uns verändert, aber wir sind immer noch internetmädchen, mit schönen fotos, die wir vorzeigen, und angst im bauch, die wir vorzeigen, aber nicht so, dass man uns verstehen könnte, wirklich verstehen. vieles ist anders und besser geworden, aber ich falle immer noch, weißt du, ich atme immer noch in diesem körper, der in regelmäßigen abständen SOS pulst und dann liege ich in meinem bett am rand der welt und versuche, mich zu erinnern, dass ich immer wieder aufgestanden bin. dass es weiter ging. ich will dir sagen, dass du mich so verdammt beeindruckt hast, mit allem, was du bist. mit deinem trotz, deiner wut und deiner freude. ich will nicht, dass du das aufgibst. ich weiß, dass du dich durchbeißen kannst, wenn du zornig genug bist. und ich will dich irgendwann mal oben sehen, in irgendeinem scheinwerferlicht, und dann will ich sagen, dass ich dich kannte. von anfang an.


post 1845845542010 crawl-Datum: 03.06.2012 rss Internet ArchiveÜber allem Trauern den Moment verpassen, wenn die Wunde bereit ist, im weichen Gewebe des Bauches... Über allem Trauern den Moment verpassen, wenn die Wunde bereit ist, im weichen Gewebe des Bauches unterzugehen. Platz zu machen. Über allem Schmerz von gestern vergessen, dass Dinge besser geworden sind. Über allem gerettet werden wollen nicht einsehen, dass es dafür zu spät ist. Im besten Sinn.


post 1733640415911 crawl-Datum: 07.07.2012 post Internet Archivefindet da ein Kribbeln statt zwischen uns, sag, sind wir Passanten oder sprechen wir uns einen Schritt nach vorn? zwischen uns ist Wetter, schlohweiß legt es sich über die Wärme deiner möglichen Briefe. Fußspuren einer Fotografie: dein Sepiablick, deine ungekämmten Augen, grobkörniger Gruß und Morgen: ein stumpfes Gefühl. sag, sind wir Passanten? deine Sternzeichen nehmen sich verdammt vage aus und dein Lachen klingt irgendwie ökumenisch. einen Anfang vorausgesetzt - wann werden wir Archivgeräusch sein? Bilddank an sofarfromnowon.


post 1541132046510 crawl-Datum: 03.06.2012 rss Internet ArchiveIch bin also die, die ihr Herz zu oft den Falschen in die Hand gedrückt hat, damit sie es mitnehmen,... Ich bin also die, die ihr Herz zu oft den Falschen in die Hand gedrückt hat, damit sie es mitnehmen, an einen besseren Ort. Die gute Tage in großen Stücken schluckt, damit es länger warm bleibt im Magen. Die, die dir dazwischen kommt. Die dich mit dem Mund angeht. Die Geschichte, von der es zu viele Fassungen gibt. Die Fremde, zu der man nicht gehört, weil sie zu hartnäckig beim Verzweifeln ist. Die Witzfigur, die alle paar Wochen zu Boden geht und von Notfallmedizinern neue Diagnosen geschenkt bekommt. Die nicht oben schwimmen kann, weil sie zu lange unter Wasser geatmet hat. Die so sehr ein Zuhause braucht, dass niemand es ihr geben kann. Die nicht weiß, wie das gehen soll, sich dem Leben aussetzen. Deren Gesicht aus Zucker ist; es verschwindet im Regen. http://www.youtube.com/watch?v=zTGXUC5ul6Y


post 1073284910414 crawl-Datum: 19.03.2012 rss Internet ArchiveCordreste Unter der Woche reicht unser Blick bis zur Tür. Wir müssen gefasst sein auf Gamaschenweiß, auf vermessenes Magenta und bewegungsloses Gelb. Wer uns besucht, hat schlechte Nachrichten im Gepäck. Unsere Kunden haben Knopfaugen und Reißverschlussstimmen. Sie wollen unsichtbare Flicken, und sie wollen sie jetzt. Sie legen korkbraune Hosen und Rhabarberrüschenröcke auf den Tisch. Unser Nein liegt scharf unter Zungenpapier, wir können es uns nicht leisten. Schlammtöne verfolgen uns im Schlaf. Zum Trost beißen wir Butterkeksen die unsauberen Ränder ab. Dem Kaffee fehlt Milchzuversicht. Wir flicken mürrisch dünn gewordene Stellen; ungezählte Sicherheitsnadeln sind schon über Bord gegangen. Ich werfe Perlen vor deinen Saum; wir streiten um Borten und Stichlängen. Mittags pausen wir Worte vom Reißbrett und schneiden ein Lächeln zurecht. In unseren Jackentaschen klappern Notfallnadelkissen; an unseren Händen sind Stiche zu sehen. Im Urlaub zupfen wir gedankenverloren an Tischdecken und Kellnerschürzen. Wir schließen Hotelzimmertüren, öffnen Hemd- und Blusenkragen, fühlen nichts vom Teppich, auf dem wir stehen - seine Fransen krallen sich unerkannt um unsere Füße. Das Rot deiner Baumwolle: satt wie ein erster Schluck Wein. An meinen Oberschenkeln sammelt sich Tüll. Deine Hand nimmt die erste Etappe; sie kocht alle Farben ein. Dein Kuss schmeckt nach Cordresten. Zuhause will ich würziggrüne Karos und kokosnussweißen Samt. Wir greifen blind ins Stoffregal; nur mit geschlossenen Augen erkennen wir, was wir wollen. Wir prellen die Verkäufer um gerechte Preise, wir geben uns kühn. Kaum haben wir den Laden verlassen, greifen wir in die Taschen. Andacht im Fühlen, wir wollen es glatt und schimmernd und unverbraucht. Das Weiche ist unser Gewinn.


post 672237262319 crawl-Datum: 19.03.2012 rss Internet ArchiveWahrscheinlich kannst du nicht fassen, wie schnell die Jahre vergangen sind, Tove, warum sollte es... Wahrscheinlich kannst du nicht fassen, wie schnell die Jahre vergangen sind, Tove, warum sollte es dir besser gehen als mir. Wie stellst du dir mich vor? Vielleicht bin ich ein alter Bibliothekar mit Nickelbrille, der nachts die Seitenzahlen der Bücher überprüft, nicht bei Kerzenlicht, das wäre zu gefährlich. Vielleicht bin ich Waffenhändler und überschlage die Leben, die ich zu verantworten habe, wenn ich nicht schlafen kann. Vielleicht bin ich Zeitungsausträger, einer von denen, die tagsüber nicht funktionieren und nachts dafür sorgen, dass die Normalen ihren Tag wie gewohnt beginnen können. Die Normalen, mit ihren beruhigenden Frisuren, die ein Leben ohne Mobiltelefon für kompliziert halten, die für einen Strauß Blumen vier Wochen Rückgaberecht erwarten, die Normalen, die glücklich vor sich hin leben wollen, für eine bessere Statistik. Die Normalen, die ihren Kick durch Reflexion bekommen, aber verdammt noch mal, Alufolie reflektiert auch. Am stumpfsinnigsten ist es, etwas Sinnvolles tun zu wollen. Hat das Leben uns überstimmt, Tove? Reichen unsere Fünf-Minuten-Fluchten nicht mehr, die Zigarette nicht, der immer zu bittere Kaffee nicht, die Fünf-Minuten-Illusion, nur juristisch erwachsen zu sein? Hast du die Suche nach nostalgischen Metaphern für Musik durch Interpretennamen ersetzt, hast du das erste Auto gekauft, die erste Wohnung gemietet? Hast du festgestellt, dass Reisen nicht mehr reicht, um Erinnerungen zu produzieren, und dass der Alltag schweres Handwerk ist? Der Pflichtteil heißt Träumen, Tove, und vielleicht bist du ein Versager geworden, aufgeschwemmt im bodenständigen Gefühl volljähriger Sätze. Versagen heißt, deine Traurigkeit nicht mehr zu brauchen, versagen heißt, dass alles an seinem Platz ist. Versagen heißt, dass dir die Worte ausgehen. Es gibt Wichtigeres als das Schreiben, sonst gäbe es nichts, worüber man schreiben kann, eines Tages, nicht heute. Ich schreibe nicht mehr. Das hier ist nur die Einleitung zu einem Brief an dich, Tove, eine Einleitung, mit der du mich finden kannst. Wenn du es willst.


post 356911355511 crawl-Datum: 04.01.2012 rss Internet ArchiveDie Stelle, an der wir angefangen haben, läuft im Repeat – ich spule nach vorn. Pflichtteil Traum:... Die Stelle, an der wir angefangen haben, läuft im Repeat – ich spule nach vorn. Pflichtteil Traum: Wir brauchen die Wunden nur, um uns am nächsten Morgen zu erinnern, dass wir bereit waren, uns zu verletzen. Aber was verstehen wir schon vom Träumen, unsere Worte gehorchen uns nicht mal im Schlaf. Der Alltag ist ein strapaziertes Paradies. Wir haben Urlaubsgesichter aufgesetzt, wir sind Rucksacktouristen im Land des Suffs und pilgern uns elend. Die Nacht fällt vor uns auf die Straße, unser “Wir” kriecht auf allen Vieren. Mein Körper kennt 142 Worte für Schmerz, sage ich und sehe dir zu, wie du weg schaust. Die Kompassnadel auf deiner Haut schlägt in die falsche Richtung aus. Deine Zehen sind am Boden fest getackert, an deiner Überzeugung, dass am Ende doch alles gut wird. Diese Überzeugung, die dir ein Leben, wie du es führst, nicht austreiben kann. Du weißt nicht, wie man fällt. Hunt your karma down. Ich wurde nicht dazu geboren, mich kurz zu fassen. Ich wurde nicht geboren, um es dir leicht zu machen. Ein Herz ist kein brennbares Material. In meinem Gesicht steht ein unbeholfen gemaltes Lächeln und sagt: „Ich habe nicht gut für mich gesorgt.“ Ich wünschte, ich wäre besser im Leben. Ich wünschte, ich könnte deinen Daumen in meinen Mund schieben und schlafen.


post 554899603921 crawl-Datum: 04.01.2012 rss Internet Archivefür Ron Winkler Das Meer schickt Blaufrequenzen aus. Dieser Tag ist kein Farbfehler; wir staunen Küsten und inhalieren Wolken. Möwenrundflug statt Mittagsschlaf. Wir werden vom Wind bestürmt; unsere Sohlen erzählen sich Sandgeschichten, erzählen von Eiscreme und Sonnenkugelbäuchen. Auf unserer Decke liegen Wäschenester; Fische sind uns voraus. Wir umschwimmen die Quallen mit ihren aufgeschwemmten Gesichtern, wir betasten Muschelnähte und lassen uns von Marienkäfern trocknen; sie arbeiten im Schichtdienst auf unseren Armen. Der Horizont kocht Schiffsmeldungen ein: Heute sammeln wir Himmelsrichtungen. Bilddank an Lucy Muskalunge.


post 428949875313 crawl-Datum: 04.01.2012 rss Internet ArchiveDu brauchst niemanden, der dich rettet. Du brauchst jemanden, der dich an den Menschen erinnert, der... Du brauchst niemanden, der dich rettet. Du brauchst jemanden, der dich an den Menschen erinnert, der du sein kannst.


post 409714611510 crawl-Datum: 04.01.2012 rss Internet ArchiveMelancholie ist unwiderstehlich mit ihrem dünnen Hemd und den halb geöffneten Lippen. Melancholie... Melancholie ist unwiderstehlich mit ihrem dünnen Hemd und den halb geöffneten Lippen. Melancholie schlägt sacht gegen deine Schenkel und etwas Nasses taumelt nach unten. Melancholie legt einen Fransenschal nachlässig um deine Handgelenke, ehe sie dir ohne Vorwarnung den Mund verschließt. Walnussgeschmack. Dringlichkeit. Deine Nasenspitze glänzt von Melancholie, und du gehst ihr leicht von der Hand. Melancholie tariert Vermissen aus und schnitzt den Morgen grobkörnig vor dein Gesicht. Ihre Schönheit wiegt schwer; sie schmeckt nach allem, was falsch ist in dir. Melancholie bringt dir bei, alles zu verstehen und wenig besser zu machen. Mit ihr lebst du auch dieses uneingestandene Jahr. Manchmal nimmt dein Atem zwei Stufen auf einmal, aber in ihrem Land bleibt nichts übrig, als sich zu verirren. Melancholie macht dein Herz zu einem üblen, einem unerkundbaren Ort. Bilddank an weloveillustration.tumblr.com.


post 38752337369 crawl-Datum: 04.11.2011 rss Internet ArchiveDieses Leben ist die Geschichte, die du nicht erfinden kannst. Dieses Leben ist der Ort, wo du... Dieses Leben ist die Geschichte, die du nicht erfinden kannst. Dieses Leben ist der Ort, wo du überwinterst, wo du immer neue Unmöglichkeiten in fremde Ohren flüsterst und das Lächeln des Gefesselten lächelst, des Verletzten, der weiß, dass nichts Gutes zu erwarten ist. Der bereit ist, an jedes Versprechen zu glauben und an keins. (Dieses Leben ist für den, der nicht bleiben kann.) Dieses Leben ist wie dieser Tag immer dasselbe, dieser Tag beugt sich über dich und erklärt, du seist zu leicht, zu schwer gewesen. Dieser Tag geschieht nicht einfach. Dieser Tag zielt auf dich. Hol ihn heim und tausch sein Herz aus. Hör auf, vor deiner Stille Angst zu haben. Du bist spät dran. Mit dir.


post 25311192732 crawl-Datum: 09.05.2011 post Internet Archive“In meiner Hand liegen drei Wünsche und ich frage mich, ob Sparsamkeit nicht eine Form von Sterben ist.“ Ich habe an mir selbst gespart, an der Möglichkeit von Freude. Stranden an schuldlosen Fingern, an Brüsten unter Spitzenhemdchen und geweißten Schatten unter den Augen - ich war eine Spitzfindigkeit zwischen schafblutroten Lippen und wollte gerettet werden. Aber wer retten will, spürt nur sich selbst in jeder Umarmung, versucht sich selbst am Ertrinken zu hindern. Man kann nicht bei dem bleiben, der retten will; er kostet zu viel. Ich war eine Geschichte von Echos. Die Sätze lappten übereinander, hymenlos, und jetzt werfe ich mein Herz gegen die eigene Wand, löffle Suppendunkel aus der eigenen Hirnschale. Die Suche nach dem Glück steht im umgekehrten Verhältnis zur Fähigkeit, es finden, es ertragen zu können. Es wird keine neue Projektions-Stelle vergeben. Vielleicht hat Narziss heute Nacht die Stadt verlassen. Bilddank an Christian Kintner, Kursivwortdank an Rabesken


post 11739616616 crawl-Datum: 07.03.2011 rss Internet ArchiveDeine Worte sind in der Stadt und machen mich hilflos. Einen rußigen Atemzug lang sprichst du uns...Deine Worte sind in der Stadt und machen mich hilflos. Einen rußigen Atemzug lang sprichst du uns...


post 4752882879 crawl-Datum: 09.05.2011 post Internet ArchiveBleib, wo du schweigst - es steht noch ein Morgen aus und er, in der Ferne, geht mit mir durch den Tag. Bilddank an André Horenburg


post 43047265512 crawl-Datum: 09.05.2011 post Internet ArchiveWer zieht dich aus? Wer putzt dir die Zähne? Wer hält aus, was du an dir nicht erträgst? Ist der Satz “Ich verstehe dich” eine Lüge? Ist es ein Ziel, nirgendwo ankommen zu wollen? Wann nimmst du dich ernst? Was willst du? Taugst du zum Leben? Bist du erleichtert, wenn man dich durchschaut? Lässt sich von diesem Tag mehr erwarten, als dass er dem vorherigen nicht gleicht? Was macht dich besser? Bilddank an Christian Kintner


post 42400495215 crawl-Datum: 09.05.2011 post Internet ArchiveMein Herzverschluss klemmt.